Erlebnisstation »Wale«

Fotos: © Lars Mextorf

Konzeption einer Kinderausstellung zum Thema Wale für das Hessische Landesmuseum Darmstadt im Auftrag von molitor. Die Erlebnisstation »Wale« ist die erste von drei neuen Stationen des Landesmuseums, die sich ausdrücklich an Kinder im Grundschulalter und ihre Familien richten.

Inhalte

In der Ausstellung verschränken sich zoologische und kulturhistorische Fragestellungen zum Thema Wale. Weil sie schon seit Jahrtausenden gejagt werden und zur Zeit der industriellen Revolution bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wichtige Rohstofflieferanten waren, stehen nicht nur ihre bemerkenswerten körperlichen Fähigkeiten im Vordergrund, sondern auch ihre Bedeutung als Nutztiere.

Die Ausstellung zeichnet einen Mentalitätswandel innerhalb der westlichen Gesellschaften nach, vom Blick auf die Wale als bloße Rohstoffquelle bis zu ihrer Wahrnehmung als intelligente, soziale Wesen, die unbedingt schützenswert sind.

Exponate

Die Ausstellung befindet sich im Sammlungsbereich der Zoologie hinter einem freistehenden, wandartigen Schaukasten (Primatenwand) und einem dahinter liegenden Durchgang. Zwei Unterkieferknochen eines Grönlandwals, die diesen bereits seit der ursprünglichen Einrichtung des Museums im Jahre 1906 flankieren, dienen als thematischer Einstieg.

Auf der Rückseite der Primatenwand wird ein Grönlandwal in Originalgröße projiziert, der langsam vorbeischwimmt. Darunter lässt sich mit einer Lupe die Abbildung eines winzigen Ruderfußkrebses betrachten, als typisches Beispiel für tierisches Plankton, das Bartenwalen wie dem Grönlandwal als Nahrung dient. Eine daneben in einem Schaukasten gezeigte Barte ermöglicht, die Nahrungsaufnahme mit den Barten als Filter nachzuvollziehen. Auf der rechten Seite befindet sich ein historisches Apothekerglas mit Walratöl (einer Substanz aus dem Kopf des Pottwals) und die Abbildung eines Querschnitts durch die Speckschicht (Blubber) eines Zwergwals. Sie wird ergänzt durch zwei runde Tastflächen, deren jeweilige Wärmeleitfähigkeit der von Luft bzw. von Wasser entspricht. Es wird unmittelbar nachvollziehbar, dass Wale wegen der hohen Wärmeleitfähigkeit von Wasser zum Überleben in kalten Ozeanen eine dicke, isolierende Fettschicht benötigen.

Mit den Barten, dem Walratöl und dem Blubber, aus dem Walöl gekocht wurde, sind die wichtigsten Walbestandteile eingeführt, deretwegen die Wale in der Moderne gejagt wurden.

Über den Exponaten befinden sich freigestellte Abbildungen von Produkten, die aus den Walbestandteilen hergestellt wurden. Sie werden in einer Videoprojektion animiert, die die Verwendung der Walbestandteile, beginnend bei den Inuit vor mehreren tausend Jahren über die Zeit der industriellen Revolution bis ins 20. Jahrhundert erzählt.

In der Mitte befinden sich außerdem zwei verdeckte, drehbare Scheiben mit Sichtfenstern, auf denen jeweils zehn Walarten mit ihren Daten (z. B. Größe, Tauchtiefe, Schwimmgeschwindigkeit, etc.) aufgetragen sind. Wie bei einem Autoquartett können zwei Personen gegeneinander um die höheren Werte ihrer Wale antreten.

Durch einen umlaufenden Fadenvorhang, der vor den Wänden und den beiden Wandöffnungen des Durchgangs hängt und so einen eigenen Raum schafft, gelangt man in den zweiten Teil der Ausstellung.

Meeresgeräusche, Dunkle Blautönen und Schwarz leiten in die Tiefsee über, wo eine Bodenprojektion die Jagd eines Pottwals auf einen Riesenkalmar zeigt. Über dem Publikum hängt das lebensgroße Modell eines Schweinswals, darüber befindet sich das Fragment eines Fischernetzes, das als Geisternetz im Wasser zu treiben scheint.

In drei Vitrinen sind der Schnabel eines Kalmars, die Saugnapfabdrücke eines Kalmars auf der Haut eines Pottwals und die Nachbildung von Amber zusammen mit einer Glasflasche zu sehen, aus der künstlicher Amberduft strömt.

Die Exponate greifen das Thema der Videoprojektion wieder auf. Die Saugnapfspuren auf der Walhaut sind die Spuren eines Kampfes, der Schnabel des Kalmars ist der einzige Bestandteil seines Körpers, der vom Wal nicht verdaut werden kann. Im Darm des Pottwals werden die unverdauten Reste zum Schutz der Darmwand von einer wachsartigen Substanz eingekleidet, die als Amberklumpen in seltenen Fällen an Küsten geschwemmt werden und früher ein wichtiger und sehr wertvoller Duftstoff für die Parfümherstellung war.

Hinter dem Fadenvorhang schimmern an der Wand Walsilhouetten und Illustrationen, die die Themen zusätzlich veranschaulichen. Eine Klappkarte erläutert die besonderen körperlichen Eigenschaften des Pottwals, die ihm das Tauchen in großen Tiefen ermöglichen und ein Erklärfilm die Bedeutung des Pottwals für das Ökosystem der Meere.

An einer Tafel lassen sich die Klänge verschiedener Wale auswählen, an einer anderen vom Menschen produzierte Störgeräusche, die die Wale beeinträchtigen.

Abschließend ermöglicht ein Fragespiel, sich anhand eines Entscheidungsbaums über die eigene Haltung zum Walfang bewusst zu werden. Abhängig von der Zahl der jeweils gewählten Antworten verbreitern sich die Pfade, sodass man sich zu den Positionen der anderen in Relation setzen kann.

Je weiter man dem Weg durch den Entscheidungsbaum folgt, desto mehr wird deutlich, dass eine klare ethische Haltung nicht zwangsläufig frei von Aporien ist.

Leistungen

Neben dem Ausstellungskonzept umfasste die Leistung u. a. Recherche, Kuration, Drehbuch-, Spiele- und Exponatentwicklung, Texterstellung und Produktionsbetreuung.